GA4 – eine neue Ära in der Datenerfassung
Mitte 2023 rüttelte die Ankündigung, dass Google zum 1. Juli 2024 Universal Analytics abschalten wird, die Branche auf. Nach mehr als 20 Jahren wird in Zukunft ausschließlich GA4 für das Monitoring der verschiedensten Daten verantwortlich sein. Auch, wenn Nutzer schon seit 2020 die Gelegenheit hatten, sich mit GA4 vertraut zu machen, ist die Umstellung gerade für Affiliate Marketer ein großer Schritt. Der Grund? GA4 stellt die Trackingdaten auf eine vollkommen neue Art und Weise dar. Dadurch entstehen zum Teil beträchtliche Diskrepanzen zwischen den Schnittstellen, die im Affiliate Marketing zur Leistungsüberwachung der Kampagnen dienen.
Advertiser sind zu Recht verwirrt und fragen sich, warum die unterschiedlichen Datensätze verschiedene Zahlen ausweisen. Im Folgenden erläutern wir Ihnen, wo die Unterschiede zwischen UA und GA4 liegen, welche Konsequenzen dies für Ihr Monitoring hat und wie Sie damit umgehen können.
Unterschiede UA vs. GA4
Beide Datenmodelle sollen Nutzer tracken, funktionieren jedoch grundsätzlich verschieden. Bei UA standen Seitenaufrufe, Ereignisse, E-Commerce-Treffer, aber auch soziale Interaktionen im Fokus. Dies gab zwar keinen vollständigen Überblick darüber, wie die Verbraucher ihre Kaufentscheidungen treffen, war aber eine unkomplizierte Möglichkeit, die Conversion-Leistung zu verfolgen.
GA4 hingegen legt den Fokus ausschließlich auf Ereignisse. Der große Unterschied zu UA ist, dass alle Interaktionen von Nutzern mit einer Website grundsätzlich als Ereignisse erfasst werden. Egal, ob der Nutzer lediglich einen Seitenaufruf auslöst, eine Transaktion im E-Commerce startet und abschließt oder mit einem Sozialen Netzwerk interagiert – aus GA4-Perspektive werden all diese grundsätzlich verschiedenen Aktionen als Ereignis gewertet.
Ereignisse in GA4 vs. UA
Wer bereits UA nutzt, weiß, dass auch dieses Modell mit Ereignissen arbeitet. Diese sind jedoch grundsätzlich verschieden von der Auffassung, die in GA4 von Ereignissen herrscht. In UA sind Ereignisse eher als eigene Kategorie bzw. Aktion oder Label zu verstehen. GA4 hingegen arbeitet überhaupt nicht mit Kategorien, Aktionen oder Labels. Nutzer stehen dadurch hier vor der großen Herausforderung, ihre bereits vorhandene Struktur aus UA vollständig auf GA4 übertragen zu müssen. Konkret heißt das:
Wenn ein Nutzer in UA mit einem bestimmten Marketing-Link interagiert (z.B. einem Affiliate-Link), wird dies als eine einzige Sitzung aufgezeichnet.
In GA4 können diese unterschiedlichen „Ereignisse“ nun mehrfach innerhalb einer Sitzung aufgezeichnet werden. Eine einzelne, mit GA4 getrackte Sitzung kann daher mehrere Seitenaufrufe, Ereignisse, soziale Interaktionen und E-Commerce-Transaktionen aus verschiedenen Marketingkanälen enthalten.
Auswirkungen
- GA4 erfasst möglicherweise weniger Sitzungen, weil die Anzahl der Besuche in Einzelsitzungen zusammengefasst wird.
- Sales und allen Interaktionen, die nachfolgen, wird am Ende evtl. kein Wert zugewiesen. Die letzten verweisenden Links, die im Affiliate Marketing oft über Cashback- und Gutscheinseiten kommen, weisen dann weniger Einnahmen auf.
- Immer dann, wenn mehrere Kampagnen in einer Session auftauchen, weist GA4 den Sale der ersten Quelle aus der letzten nicht-direkten Sitzung zu.
Wie wirkt sich die GA4-Umstellung auf die Affiliate-Daten aus?
Affiliate-Netzwerke und -Plattformen verlangen in der Regel, dass man die in ihren eigenen Systemen gemeldeten Daten verwendet, um Sales zu validieren. An dieser Stelle gibt es also keine Änderung: Denn auch in der Vergangenheit gab es mit UA immer zwei Sätze von wahrscheinlich unterschiedlichen Daten, die nebeneinander betrachtet werden mussten. Hinzu kommen noch einige weitere Faktoren, die zum Teil gravierende Auswirkung auf das Tracking von Affiliate-Daten haben.
Berücksichtigt werden müssen beispielsweise unterschiedliche Cookie Laufzeiten – sowohl in GA4 als auch bei den Affiliate Netzwerken. Post View Tracking kann GA4 (wie auch schon UA) nicht wirklich abbilden.
Aber auch das gesteigerte Bewusstsein zum Thema Datenschutz kann sich auf das Tracking von Affiliate-Daten mit GA4 auswirken. Stimmt ein Nutzer der Datenverarbeitung durch GA4 nicht zu, wird auch Affiliate Traffic als direkter Traffic ausgewiesen.
Nicht zuletzt müssen Affiliate Marketer berücksichtigen, dass auch die Benennung der Kanäle eine Rolle spielen kann, da Marketingnetzwerke und GA4 verschiedene Definitionen von Kanälen nutzen. Hier lohnt es sich, im Detail zu prüfen, ob beide Plattformen das gleiche unter gleichen bzw. ähnlichen Begriffen verstehen.
Awin dazu:
„Das Standard-Attributionsmodell, das Google in GA4 anwendet, unterschätzt die wichtige Rolle, die Partner auf dem Weg zur Conversion spielen, und lässt sie in bestimmten Fällen sogar außer Acht, insbesondere im unteren Funnel. Infolgedessen berichten eine Reihe von Awin-Kunden von einer deutlichen Zunahme der Unterschiede zwischen den beiden .“
Quelle: Navigating GA4 changes – explaining what they mean for Awin advertisers
Erkenntnisse
- Google hat die Messung von Sitzungen geändert.
- Google berücksichtigt nun mehrere Events, die in diesen Sitzungen stattfinden – mit großen Auswirkungen auf die Trackingdaten.
- Mit dem Schwerpunkt auf dem ersten Event in der letzten Sitzung vor der Conversion hat Google seine Wertmessung dahingehend geändert, dass nur noch der erste Klick in einer Sitzung gewertet wird. Dies kann zu einer geringeren Anerkennung von Affiliate-Aktivitäten führen.
- Die Netzwerke sind sich dieser Abweichungen bewusst und versichern ihren Kunden, dass ihr Tracking davon nicht betroffen ist.
Datengetriebene Attribution
GA4 führt mit Data Driven Attribution (DDA) zusätzlich noch eine weitere Funktion ein, die auch für Affiliate Marketing von Bedeutung ist.
Bei DDA handelt es sich um einen Google-Algorithmus, der maschinelles Lernen einsetzt, um zu verstehen, wie verschiedene Ereignisse zu Conversions beitragen. DDA bewertet Ereignisse wie Anzeigen, Klicks und Geräte und stellt Berichte zur Verfügung, die zeigen, wie sich diese Ereignisse gegenseitig beeinflussen. Diese Daten sollen grundsätzlich bei Entscheidungen zur Investition von Marketingbudget helfen. Berücksichtigt werden muss aber auch bei DDA, dass nicht alle Interaktionen erfasst werden, sondern lediglich der Weg zum Abschluss im Überblick betrachtet wird – ohne letzte-Klick-Attribution.
Was Affiliates jetzt wissen müssen, ist, dass es sich bei DDA um eine neue Standardeinstellung für GA4 handelt. Einige der großen Tracking-Abweichungen, die Affiliates mit GA4 festgestellt haben, können tatsächlich direkt auf DDA zurückgeführt werden.
Erkenntnisse
- DDA ist lediglich eine Interpretation von Daten, die sich ausschließlich auf Google-eigene Kanäle konzentriert und andere Kanäle, wie z.B. Affiliate, nicht berücksichtigt.
- DDA ist eine nützliche Ergänzung, um Marketingaktivitäten in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Daten von Affiliates gravierend untererfasst werden. Affiliates sollten deswegen weiterhin dem Tracking ihrer Plattform vertrauen und zusätzlich eigene Tests zum Reporting mit DDA durchführen.
Welche Schritte kann man unternehmen
Affiliate-Plattformen haben ihr eigenes Tracking nicht geändert. Ihre Daten sind vom Wechsel zu GA4 unberührt und nach wie vor die Basis für Conversions und weitere Aktionen. Die Attribution anhand des letzten Klicks ist also immer noch der Faktor, der den Sale zuverlässig anzeigt. Einige Affiliate-Plattformen empfehlen deswegen, das Affiliate Tracking möglichst genau aufzusetzen anhand von Deduplizierung und Basket Freeze und dann vollständig auf Plattformdaten zurückzugreifen, um den Sale zu validieren.
Im GA4-Reporting besteht die Gefahr, dass die Wirtschaftlichkeit des Affiliate-Kanals aufgrund der verzerrten Daten falsch eingeschätzt wird und sich dies nachteilig auf Budget-Entscheidungen auswirkt.
Mehr Klarheit erhalten Affiliate-Marketer, indem sie die „Standard“-Attributionseinstellungen für GA4 auf das Last-Click-Modell ändern.
Da sich das Standardmodell jedoch nur auf die Daten für einige Ansichten in GA4 auswirkt, ist der Einfluss möglicherweise gering.
Einen Versuch ist es trotzdem wert: Die default-Einstellungen kann man folgendermaßen ändern:
Verwaltung > Datenanzeige >Attributionseinstellungen.
Bei der Auswahl der Conversions-Zuordnung zu den jeweiligen Channels muss dann „Kostenpflichtige und organische Channels“ ausgewählt werden.

Von dieser Änderung betroffen sind „ereignisbezogene“ Reportings wie die auf der Registerkarte „Monetarisierung“ und „Werbung > Leistungsbericht“. Beachtet werden muss aber auch, dass sich diese Attributionseinstellung auf alle Kanäle auswirkt und keineswegs ausschließlich auf Affiliate-Netzwerke.
Achtung:
- Trotz der „Last-Click-“ Einstellung ist zu erwarten, dass die GA4-Daten nicht vollständig mit den Daten des Affiliate-Netzwerks übereinstimmen. Es ist aber wahrscheinlich, dass sie weitaus näher beieinander liegen.
- Unbedingt beachten: Nach Änderung der Einstellungen werden die Daten nicht rückwirkend aktualisiert.
Fazit
Wenn Sie Ihre Verkäufe über ein Affiliate-Netzwerk tracken, können Sie beruhigt sein, denn dieses Tracking hat sich nicht geändert, und Ihr Programm wird nicht beeinträchtigt. Vielleicht ist die endgültige Umstellung auf GA4 jedoch eine gute Gelegenheit, um zu überprüfen, ob Ihr derzeitiges Tracking im Jahr 2024 noch zweckmäßig ist.
Denken Sie daran, dass keine Attribution perfekt ist und immer eine natürliche Verzerrung aufweist. Mit GA4 kann das auch bedeuten, dass sich die Daten auf die Auswirkungen von Googles eigenen Diensten fokussieren. Google hat bereits eingeräumt, dass es Lücken in seinen Berichten gibt und GA4 gerade in dieser Hinsicht noch Platz für Optimierungen hat.
Wir möchten Werbetreibende außerdem dazu ermutigen, mit ihren Affiliate-Netzwerken und -Partnern zu sprechen, um keine voreiligen oder falschen Schlüsse zu ziehen. Wir als Agentur können Ihnen helfen, Ihr GA4 richtig aufzusetzen und die richtigen Channelgruppierungen sowie verschiedene Reporting-Ansichten in GA4 einzustellen. Nehmen Sie dazu einfach Kontakt mit uns auf. Wir freuen uns auf Sie!
Weitere Quellen:
https://support.google.com/analytics/answer/9964640?hl=de#zippy=%2Cthemen-in-diesem-artikel
kwanko.com/de/blog/ga4-und-affiliate-marketing-die-empfehlungen-von-kwanko/