- Was bedeutet digitale Barrierefreiheit?
- Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz startet im Juni 2025
- Was kommt mit dem BFSG 2025 auf Websitebetreibende zu?
- Was passiert bei Nichtbefolgung der BFSG?
- Exkurs: Die aktuellen Richtlinien zur Barrierefreiheit für Websites im Überblick
- Die Grundlagen: Wie funktioniert barrierefreie Navigation?
- Barrierefreie Website: Nur etwas für Sehbehinderte?
- Accessibility Tree barrierefrei optimieren
- WAI-ARIA verbessert digitale Barrierefreiheit
- Barrierefreie Website in verschiedenen Browsern testen
- Wie wird meine Website barrierefrei? 20 Punkte für digitale Barrierefreiheit
- Design
- Tipp 1: Farbkontraste beachten
- Tipp 2: Große Buttons und Interaktionselemente
- Tipp 3: Schriftsatz mit Lesbarkeit im Fokus
- Tipp 4: Weitere Optionen zur Lesbarkeit anbieten
- Tipp 5: Captchas vermeiden
- Tipp 6: Auf Popups verzichten
- Tipp 7: Autoplay vermeiden
- Struktur
- Tipp 8: Programmierstandards für Barrierefreiheit einhalten
- Tipp 5: Kompatibilität mit Hilfsmitteln
- Tipp 9: Fokusbereiche klar kennzeichnen
- Tipp 10: Skip-Links vereinfachen die Navigation
- Tipp 11: ARIA-Landmarks kennenlernen
- Tipp 12: Native HTML-Elemente sind King!
- Inhalte
- Tipp 13: Inhaltsverzeichnis
- Tipp 14: Inhaltlich klarer Verlauf
- Tipp 15: Leichte Sprache bieten
- Tipp 16: Metadaten pflegen
- Tipp 17: Medien barrierefrei machen
- Tipp 18: Formulare kurz halten
- Tipp 19: Emoji-Einsatz überdenken
- Bonus-Tipp 20: Auf Dekoration verzichten
- Digitale Barrierefreiheit mit Tests sicherstellen
- Was ist der BITV-Test?
- Ansicht im Browser-Lesemodus prüfen
- Barrierefreiheit im Web mit Google Lighthouse checken
- Feedback erbitten und gemeinsam noch besser werden
- Fazit: Digitale Barrierefreiheit ist ein Gewinn für ALLE
Digitale Barrierefreiheit ermöglicht es Menschen mit körperlichen oder kognitiven Einschränkungen, Webangebote ohne Hürden zu nutzen. Mitunter liegen die digitalen Barrieren im Code verborgen, aber mindestens ebenso häufig führen zweifelhafte oder nicht inklusiv gedachte Design- und Strukturentscheidungen zu unüberwindbaren Hindernissen im Alltag.
Eine barrierefreie Website ist kein „nice to have“ oder ein rein moralisch gedachter PR-Pluspunkt, sondern schon bald gesetzlich verpflichtend. Ab dem 28.06.2025 müssen Websites und Apps dem in Kraft tretenden Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) zufolge barrierefrei sein. Was bedeutet dies für Websitebetreiber und Unternehmen?
In diesem Überblick erhalten Sie einen grundlegenden Einstieg in das Thema digitale Barrierefreiheit, Informationen zu den entsprechenden Richtlinien und 20 Tipps für eine barrierefreie Website.
Was bedeutet digitale Barrierefreiheit?
Die folgende Definition bietet ein gutes erstes Verständnis von digitaler Barrierefreiheit: Digitale sowie analoge Angebote sind immer dann als barrierefrei zu betrachten, wenn sie für Menschen mit Behinderung auf allgemein übliche Weise und ohne besondere Erschwernisse benutzt werden können. Wichtig für das Vorhandensein von Barrierefreiheit ist aber auch, dass Menschen mit Behinderung digitale Angebote ohne fremde Hilfe finden, in Anspruch nehmen und nutzen können.
Barrierefreiheit auf Internetseiten gilt als Teil der digitalen Inklusion. Sie soll erreichen, digitale Inhalte allen Personen zugänglich zu machen und somit gleiche Teilhabechancen an Webangeboten für alle umzusetzen. Je nach Art der bestehenden Einschränkung können Barrieren an den verschiedensten Orten in der Online- und Offline-Welt eine gleichberechtigte Teilhabe verunmöglichen.
Ziel von Inklusion ist es, diese Barrieren abzuschaffen, um niemanden auszuschließen. Inklusion ist längst kein Zugeständnis mehr, sondern Pflicht, seit Deutschland im Jahr 2009 die UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert hat. Gerade weil digitale Medien und Informationsmöglichkeiten im Alltag eine wesentliche Rolle spielen, ist digitale Barrierefreiheit ein wichtiger Baustein der Inklusion.
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz startet im Juni 2025
Am 28. Juni 2025 wird das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz, kurz BFSG, in Kraft treten. Alle Dienstleistungen, die nach diesem Stichtag erbracht werden, müssen barrierefrei zugänglich sein. Aber auch Produkte unterliegen dem BFSG, insbesondere Computer, Tablets, Smartphones, TV-Geräte sowie E-Book-Reader. Auch Router, Geld- und Ticketautomaten müssen nach dem BFSG ab diesem Datum barrierefrei sein.
Websitebetreiber sind insbesondere dann in der Pflicht, wenn es sich um einen Webshop handelt oder aber Dienstleistungen, die per Kontaktformular oder Terminbuchungsmaske vertrieben werden. Auch im Personenverkehr, bei Telefon- und Messengerdienstleistungen und dem elektronischen Geschäftsverkehr wird dann Barrierefreiheit verpflichtend sein. Kleinstunternehmen, die Produkte vertreiben, müssen das BFSG ebenfalls berücksichtigen. Es gibt aber auch Ausnahmen: Kleinstunternehmer, die weniger als 10 Beschäftigte haben, maximal einen Jahresumsatz von 2 Millionen zählen und Dienstleistungen erbringen, unterliegen dem BFSG nicht.
Was kommt mit dem BFSG 2025 auf Websitebetreibende zu?
Für Unternehmen bietet eine barrierefreie Website ausschließlich handfeste Vorteile, allen voran positive Rankingsignale für die Suchmaschine aus SEO-Perspektive. Diese entstehen aus der verbesserten Usability, dem konsequenten Nutzen und konkreten Bezeichnen von Tags, Bildalternativen und vielen zusätzlichen Faktoren. Die hohe Usability erzeugt weitere positive Signale, wie beispielsweise eine lange Verweildauer auf der Website, mehr Seitenaufrufe pro Visit und eine geringere Bounce Rate. Folgende Aspekte gehören zwingend zu einer barrierefreien Website:
EAA-Anforderungen
Onlineshop- und Website-Betreibende müssen beachten, dass mit dem BFSG die Anforderungen der EAA bzw. der EN 301 549 verpflichtend werden. Je nach Website ist es möglich, dass ein Soft-Relaunch des Auftritts notwendig ist. Auf mindestens WCAG 2.1 Level AA müssen dann die folgenden Kriterien erfüllt werden:
- Wahrnehmung: Alle Nutzer müssen die Inhalte der Website wahrnehmen können
- Bedienbarkeit: Die Funktionen der Website müssen für alle Nutzenden ohne Maus bedienbar sein
- Verständlich: Leicht verständliche Navigation und Informationsvermittlung
- Robust: Hohe Kompatibilität des digitalen Angebots mit verschiedenen (Hilfs-) Technologien
Erklärung zur Barrierefreiheit
Websites müssen eine „Erklärung zur Barrierefreiheit“ enthalten. Sie beschreibt die Maßnahmen, die zur Herstellung von Barrierefreiheit ergriffen wurden und kennzeichnet, welche Bereiche der Website bereits barrierefrei sind. Die Erklärung zur Barrierefreiheit muss leicht erreichbar als Link in Kopf- oder Fußzeile eingebaut werden. Wer Apps anbietet, sollte die Erklärung dort einbinden, wo der Download der App erfolgt. Ein Review der Erklärung sollte mindestens einmal pro Jahr erfolgen.
Kontaktmöglichkeit
Sie muss für die User nun zwingend vorhanden sein. Die EN 301 549 schreibt eine Kontaktoption vor, mit der Nutzende mögliche Barrieren den Websitebetreibenden melden können.
Was passiert bei Nichtbefolgung der BFSG?
Das Herstellen von Barrierefreiheit auf dem eigenen Onlineangebot zu verzögern ist keine gute Idee, da Marktüberwachungsbehörden Betreibende zum Handeln auffordern könnten. Folgen Websitebetreibende den Weisungen zur Herstellung von Barrierefreiheit nicht, können Marktüberwachungsbehörden als Konsequenz eine Einstellung des elektronischen Geldverkehrs anordnen, bis Barrierefreiheit hergestellt ist. Dies kommt einer Schließung der Website gleich. In diesem Zusammenhang warten außerdem empfindliche Bußgelder in Höhe von mehreren tausend Euro auf Websitebetreibende.
Auf Risiko zu spielen ist deswegen die schlechteste aller Optionen. Zwar können Marktüberwachungsbehörden auch von sich aus tätig werden, sie werden jedoch sehr häufig von Verbraucher:innen oder Verbänden angefragt und zum Handeln aufgefordert.
Exkurs: Die aktuellen Richtlinien zur Barrierefreiheit für Websites im Überblick
Barrierefreies Webdesign ist kein neues Thema, es erlangt im Kontext mit dem BFSG 2025 jedoch eine ganz neue, hochaktuelle Relevanz. Hier stellen wir die wichtigsten Richtlinien vor, auf die sich auch das BFSG beruft:
WCAG
Die Web Content Accessibility Guidelines sind der Standard für digitale Barrierefreiheit und wurden vom W3C selbst aufgestellt. WCAG identifiziert die 5 Faktorenfelder Wahrnehmung, Verständnis, Navigation, Interaktion und Beitragen als relevante Aspekte für Barrierefreiheit bei Internetseiten. Außerdem trifft sie eine Unterscheidung zwischen Richtlinien für körperlich-sinnlich und kognitiv eingeschränkte Menschen. Diese Richtlinien sind als Katalog von Prinzipien und Kriterien zu verstehen, die zur Überprüfung von Barrierefreiheit von Websites und Apps genutzt werden können. In der WCAG 2.1 wird zudem nach den Stufen A bis AAA unterschieden, die jeweils den Grad der Barrierefreiheit angeben.
BITV
Hinter der Abkürzung steckt der Begriff „Barrierefreie Informationstechnologie-Verordnung“. Es handelt sich bei der BITV um die Verordnung, welche die Barrierefreiheit von Websites in der öffentlichen Verwaltung des Bundes regelt. Die BITV 2.0 basiert auf den WCAG-Richtlinien und bezieht sich zudem auf die EN 301 549. Sie strebt ein höchstmögliches Maß an Barrierefreiheit an, stets im Zusammenhang mit den sich verändernden technischen Möglichkeiten. Zusätzlich enthält die BITV separate Anforderungen in Bezug auf den Einsatz von Leichte Sprache und Gebärdensprache.
EAA
Der European Accessibility Act ist die europaweit gültige Richtlinie und stellt sicher, dass Gesetze und Verpflichtungen zur Barrierefreiheit in ganz Europa erlassen werden. Er basiert auf den WCAG-Weisungen zur Barrierefreiheit und bezieht sich dabei nicht nur auf den Onlinehandel und Telekommunikationsdienstleistungen, sondern auch auf Geldautomaten, Bankdienstleistungen, Transport und weitere Alltagsbereiche.
EN 301 549
Diese Norm ist das Kontrollinstrument des EAA. Sie überprüft, ob die Anforderungen der EAA an barrierefreie Websites eingehalten werden und legt die To-Dos im Einzelnen fest. Für Websites und Apps bezieht sich die Norm wiederum auf den WCAG-Standard für barrierefreie Webinhalte. Die Norm EN 301 549 ist dann erfüllt, wenn auch die WCAG-Konformitätsstufen AA und AA verbindlich eingehalten werden. Konformitätsstufe AAA gilt als so genanntes erweitertes Kriterium.
Die Grundlagen: Wie funktioniert barrierefreie Navigation?
Assistive Technologie ermöglicht es Menschen mit Einschränkungen zum Teil überhaupt erst, Websites zu verwenden. Es handelt sich dabei um Hard- und Software, die eine barrierefreie Nutzung von Informationstechnologie unterstützt, indem sie beispielsweise Beeinträchtigungen beim Hören oder Sehen oder in der Motorik auszugleichen versucht. Prominente Beispiele sind Screenreader, Eingabehilfen, Vergrößerungssoftware sowie Sprach-Ein- und Ausgabe-Software. Aber auch Braillezeilen und Brailledrucker, Joystick, Mundmaus, Bildschirmlupe und weitere Hilfsmittel müssen für digitale Barrierefreiheit berücksichtigt werden
Wer sich mit barrierefreiem Webdesign beschäftigt, muss sich stets vor Augen führen, dass die TAB-Taste von einigen Shortcuts abgesehen das einzige Navigationsinstrument für Screenreader- und Tastaturbenutzer darstellt. Mit der TAB-Taste wird von Link zu Link gesprungen, und je mehr Links im Dokument platziert sind, desto mühsamer kann die Navigation durch den Inhalt sein. Idealerweise muss die gesamte Website mit TAB, Umschalt/Shift und TAB, Enter, der Leertaste und den Richtungspfeilen oben und unten bedienbar sein.
Barrierefreie Website: Nur etwas für Sehbehinderte?
Nicht selten liegt im Diskurs über digitale Barrierefreiheit der Fokus auf Menschen mit Sehbehinderung. Sie sind aber keinesfalls die einzigen Addressat:innen der Barrierefreiheit von Internetseiten. So können beispielsweise gehörlose Menschen Audios, wie beispielsweise Hintergrundmusik oder akustische Feedbacks, welche die Inhalte unterstreichen sollen, nicht wahrnehmen.
Menschen mit kognitiven Einschränkungen benötigen hingegen möglichst einfach strukturierte Inhalte und Navigationen, idealerweise in Leichter Sprache. Sie fühlen sich bei eingeschränkter Konzentrationsfähigkeit möglicherweise von Autoplay-Audioinhalten gestört. Motorisch eingeschränkte Menschen haben wiederum eigene Bedürfnisse, da sie gerade auf Touchscreens Schwierigkeiten haben können, präzise auf Links oder Navigationselemente zu tippen, die besonders klein oder sehr nah beieinander stehen. Ein Bewusstsein für diesen Aspekt kann die Nutzungsbarriere schon bei der Konzeption der Gestaltung wesentlich senken.
Accessibility Tree barrierefrei optimieren
Der Accessibility Tree repräsentiert die Website im Screenreader oder einer anderen assistiven Technologie. Seine Bezeichnung erhält er von der Baumstruktur, nach welcher die einzelnen Elemente der Website geordnet sind. Es handelt sich beim Accessibility Tree quasi um die für Reader strukturell optimierte Version des DOM der Website. Hier werden nur diejenigen Elemente ausgelesen, die auch tatsächlich accessible sind oder semantischen Inhalt besitzen. Dazu müssen Elemente einen Namen, eine Beschreibung, eine Rolle oder einen Zustand besitzen. Anstelle eines grafisch dargestellten Buttons wird der Button beispielsweise über den hinterlegten Namen repräsentiert.
Einen Blick in den Accessibility Tree kann man mit jedem üblichen Browser werfen. Dort gibt es Einstellungen, mit denen die Darstellung für Barrierefreiheit und klare Strukturierung geprüft werden kann, wie im Folgenden beispielhaft gezeigt wird.

WAI-ARIA verbessert digitale Barrierefreiheit
WAI-ARIA ist eine vieldiskutierte Option zur Programmierung barrierefreier Websites. Diese Abkürzung steht für Web Accessibility Initative – Accessible Rich Internet Applications und stellt den empfohlenen Standard des W3C dar. WAI-ARIA ermöglicht das Hinzufügen von Rollen, Eigenschaften und Zuständen zu dynamischen Webanwendungen, um die Barrierefreiheit zu verbessern. Damit sind barrierefreie JavaScript-Widgets sowie Formularhinweise und Fehlermeldungen möglich. Zudem können WAI-ARIA-Elemente Live-Veränderungen auf einer Seite an assistive Technologie übermitteln.
Einen Einfluss auf Darstellung oder Verhalten der Website haben diese Elemente nicht, sie optimieren die Barrierefreiheit mitunter jedoch wesentlich. Zwar unterstützen alle modernen Browser WAI-ARIA, trotz der erweiterten Möglichkeiten sollte sauberes HTML bevorzugt werden.
Barrierefreie Website in verschiedenen Browsern testen
Schon für herkömmliches Webdesign kann die Darstellung in verschiedenen Browsern eine Herausforderung sein. Barrierefreie Websites müssen zusätzlich noch die verschiedenen Screenreader berücksichtigen. Hinzu kommt, dass es für WAI-ARIA wie bei allen anderen Webtechnologien auch keine einheitlichen Standards für die Kombination mit bestimmten Screenreadern oder anderen assistiven Technologien gibt. Exaktes und möglichst umfassendes Testen mit verschiedenen Browser-Technologie-Kombinationen ist daher ein Muss, damit die barrierefreie Website ihre Aufgabe tatsächlich erfüllt.
Wie wird meine Website barrierefrei? 20 Punkte für digitale Barrierefreiheit
Grundsätzlich müssen Inhalt, Struktur und Design voneinander getrennt werden, um digitale Barrierefreiheit zu schaffen. Hier erhalten Sie 20 Tipps für barrierefreies Webdesign, die wir zur besseren Übersichtlichkeit nach den Aspekten Design, Struktur und Inhalt geclustert haben:
Design
Tipp 1: Farbkontraste beachten
Menschen mit Sehbehinderung oder einer Farbfehlsichtigkeit profitieren von kontrastreichen Farbschemata. Sehr viele Sehbehinderte profitieren von der Kombination von dunkler Schrift auf hellem Grund. Um Accessibility bei Farbfehlsichtigkeiten zu gewährleisten, sollten Links nicht durch Farb- oder Helligkeitsunterschiede sichtbar gemacht werden, sondern durch Fettung, Unterstreichung oder andere grafische Lösungen.
Tipp 2: Große Buttons und Interaktionselemente
Touchscreens stellen für Sehbehinderte und Menschen mit motorischen Einschränkungen eine Herausforderung dar. Interaktionselemente wie beispielsweise Buttons sollten ausreichend groß gewählt werden, um gut erkannt zu werden und Menschen mit motorischer Einschränkung reichlich Platz zu bieten. Gerade Sehbehinderte, die den Screen stark vergrößern, profitieren von ausreichenden Abständen zwischen den einzelnen Bedienelementen. Bei starker Vergrößerung kann es nämlich vorkommen, dass Ränder von Interaktionsflächen durch den eigenen Finger verdeckt werden und versehentlich der falsche Button berührt wird.
Tipp 3: Schriftsatz mit Lesbarkeit im Fokus
Einfache Schriftarten ohne Serifen unterstützen die Lesbarkeit ideal. Schriftarten sollte zudem skalierbar sein, um auch bei großen Vergrößerungen eine gute Lesbarkeit zu gewährleisten. Ein Satz von mindestens 14pt ist optimal. Trendige dünne Schriftschnitte sind aus Accessibility-Perspektive nicht geeignet, da sie bei Vergrößerung schnell an Lesbarkeit verlieren.
Tipp 4: Weitere Optionen zur Lesbarkeit anbieten
Die Option „Text invertieren“ sorgt für zusätzlich optimierte Lesbarkeit. Mit einem Klick auf diese Schaltfläche wird das Farbschema der Website umgedreht: Vom typischerweise hellen Hintergrund mit dunkler Schrift erscheint der Inhalt nun vor dunklem Hintergrund mit heller Schrift. Dies kommt allen entgegen, die mit diesem Farbschema eine bessere Lesbarkeit erhalten. Auch zusätzliche Optionen wie „Kontrast erhöhen“ per Button sorgen für eine bessere Accessibility bei Sehbehinderten.
Tipp 5: Captchas vermeiden
Für Sehbehinderte sind Captchas typischerweise nicht nutzbar und stellen eine unüberwindbare Barriere dar. Überall dort, wo Sicherheitsabfragen erforderlich sind, können barrierefreie Möglichkeiten Captchas ersetzen. Textbasierte Wissensfragen oder Rechenaufgaben bieten sich als barrierefreie Lösung an, da sie auch von Screenreadern ausgelesen werden können.
Tipp 6: Auf Popups verzichten
Sie stören Screenreader beim Verarbeiten und sorgen für Navigationsprobleme, wenn die Tastatur verwendet wird. Kann nicht auf den Einsatz von Popups verzichtet werden, müssen nicht sehende User auf deren Vorhandensein explizit hingewiesen werden, um Verwirrung zu vermeiden. Newsletter-Anmeldungen oder andere Punkte, die typischerweise über ein Popup kommuniziert werden, lassen sich alternativ auch als CTA in den Text einbauen und somit wesentlich barriereärmer gestalten
Tipp 7: Autoplay vermeiden
Musik- und Videoinhalte, die beim Öffnen der Website automatisch abgespielt werden, sollten zugunsten der Barrierefreiheit vermieden werden. Die zusätzliche Geräuschkulisse kann Nutzende verwirren, insbesondere stört die Audiospur aber beim Zuhören, wenn der Screenreader Inhalte gleichzeitig vorliest. Alle Nutzenden, die über eine eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit verfügen, werden von Autoplay-Inhalten auf störende Weise abgelenkt.
Struktur
Tipp 8: Programmierstandards für Barrierefreiheit einhalten
Die Richtlinien nach WCAG sind maßgebend für die digitale Barrierefreihei und sollten beim Programmieren beachtet werden. Valides HTML und CSS stellen bereits einen wichtigen Schritt in Richtung Barrierefreiheit dar.
Tipp 5: Kompatibilität mit Hilfsmitteln
Screenreader sind für viele Menschen der Schlüssel zum Internet. Eine barrierefreie Website muss deswegen die Leserichtung von Screenreadern berücksichtigen. Typischerweise arbeiten diese strikt linear und lesen sich von links nach rechts und von oben nach unten durch eine Website. Entsprechend sollte bei der Strukturierung der Website vorgegangen werden, um allen Nutzenden ein gleichermaßen logisches Besuchserlebnis zu bieten.
Tipp 9: Fokusbereiche klar kennzeichnen
Für ein erleichtertes Navigieren sollten barrierefreie Websites mit klar definierten Fokusbereichen arbeiten. So wissen Nutzende zu jedem Zeitpunkt, wo sie sich genau befinden. Möglich sind beispielsweise deutliche Hervorhebungen mit Farbhinterlegungen, Formen oder Helligkeiten. Wichtig ist, dass der Fokusbereich durch den Effekt seine Funktion nicht verändert und beispielsweise selbständig in ein Untermenü navigiert.
Tipp 10: Skip-Links vereinfachen die Navigation
Wiederkehrende Navigationselemente können mit Skip-Links übersprungen werden, denn eigentlich liest der Screenreader sie bei jeder Seite wieder neu aus. Dies erschwert es den Nutzenden, an die gewünschten Informationen zu gelangen. Der Skip-Link ist ein HTML-Link, der mit einem Klick die Navigation überspringbar macht. Er steht möglichst weit vorn im Code, am besten gleich nach dem <body>-Tag und führt die Nutzenden gleich in den gewünschten Inhalt. Für alle, die keinen Screenreader nutzen, ist der Skip-Link unsichtbar, Screenreader-Usern spart er jedoch viele mühsame und unnötige Klicks.
Tipp 11: ARIA-Landmarks kennenlernen
Seitenbereiche mit typischen Funktionalitäten können über ARIA Landmark Roles ausgezeichnet werden. Sie stellen Orientierungsbereiche dar, die eine Bedienung der Navigation mit der Tastatur wesentlich erleichtern und sind für alle Nicht-Screenreader-Nutzende unsichtbar.
Tipp 12: Native HTML-Elemente sind King!
Trotz WAI-ARIA sollte immer zuerst versucht werden, die barrierefreie Programmierung mit reinem HTML zu erreichen. Dies beginnt mit einer korrekten Auszeichnung der jeweiligen Seitenbereiche, z.B. über <head>, <nav> und andere Markups. Auch die Überschriften-Abfolge sollte logisch geordnet sein, da dies von Screenreadern erkannt wird. Immer dann, wenn HTML-Elemente nicht mehr ausreichen, können ARIA-Attributionen zum Einsatz kommen, eine doppelte Auszeichnung ist jedoch nicht notwendig.
Inhalte
Tipp 13: Inhaltsverzeichnis
Eine table of contents (toc) erleichtert die Navigation durch größere Inhaltsbereiche. Screenreader-Nutzende müssen sich nicht durch lange Abschnitte scrollen, sondern können die für sie interessanten Bereiche zielgerichtet ansteuern.
Tipp 14: Inhaltlich klarer Verlauf
Von einer klaren inhaltlichen Strukturierung profitieren generell alle Nutzende. Beim Einsatz assistiver Technologie genießen die User aber den Vorteil, sich ganz auf den Inhalt konzentrieren zu können. Unterstützt wird das barrierefreie Navigieren, wenn eine angemessen einfache Sprache eingesetzt wird und inhaltlich passende Strukturierungen zum Springen vorhanden sind. Ideal ist, wenn zusätzlich die inhaltlich logische Reihenfolge von Elementen beim Navigieren mit TAB beachtet wird.
Tipp 15: Leichte Sprache bieten
Um den Bedürfnissen von Menschen mit kognitiven Einschränkungen zu entsprechen, sollte eine barrierefreie Website über einen Button verfügen, der den Inhalt in eine Version in Leichter Sprache umschaltet
Tipp 16: Metadaten pflegen
Aussagekräftige Title Tags und Meta Descriptions zeigen Screenreader-Nutzenden sofort, worum es geht. Dies spart wertvolle Ressourcen. Bonuspunkte gibt es hier gleichzeitig für SEO, denn die Metadaten sind nach wie vor ein wichtiger Faktor für gute Positionen. Auch Links können mit einem title-Attribut ausgezeichnet werden, um den Inhalt zu unterstützen – wiederum zugleich ein Vorteil für SEO.
Tipp 17: Medien barrierefrei machen
Bilder, aber auch Videos und Audiodateien gehören zur Webgestaltung mit dazu, stellen aber eine wesentliche Barriere dar. Sie sollten stets mit einem Alt-Attribut beschrieben werden, damit der Inhalt auch für Screenreader auslesbar ist. Gerade dann, wenn Bilder wichtige Informationen zur Unterstützung des Inhalts transportieren, ist dies Pflicht. Audiodateien können als Transkript verfügbar gemacht werden, für Videos bieten sich Untertitel an. Text auf Bildern zur ausschließlichen Informationsvermittlung sollte vermieden werden, da dies für Screenreader nicht lesbar ist. Auch Animationen und animierte Slides ohne Steuerungsmöglichkeit stellen eine Barriere dar.
Tipp 18: Formulare kurz halten
Eine klare Benennung der einzelnen Formularfelder erleichtert die Bedienung wesentlich. Zudem zeichnen sich barrierefreie Formulare durch eine geringe Anzahl an notwendigen Informationen aus. Zeitschranken beim Ausfüllen sollten vermieden werden, zudem sollte das Formular auf Eingabefehler hinweisen und Korrekturmöglichkeiten bieten.
Tipp 19: Emoji-Einsatz überdenken
Sie reichern Inhalte mit einer zusätzlichen emotionalen Wahrnehmungsebene an, werden vom Screenreader jedoch jedes Mal aufs Neue vorgelesen. Ein inflationäres Verwenden von Emojis kann bei Screenreader-Nutzenden daher störend wirken und erreicht somit eher das Gegenteil der ursprünglichen Intention.
Bonus-Tipp 20: Auf Dekoration verzichten
Dekorative Elemente machen Websites lebendig, tragen aber nicht zur Barrierefreiheit bei. Überall dort, wo gelesen werden muss oder die Interaktion mit Inhalten im Fokus steht, sollte auf Dekoration verzichtet werden, um die Lesbarkeit für Screenreader nicht zu beeinträchtigen
Digitale Barrierefreiheit mit Tests sicherstellen
Ist die barrierefreie Website fertiggestellt, geht es ans Testen. Die Ergebnisse prüft man am besten mit verschiedenen Screenreadern, wobei die gebräuchlichsten Tools wie NVDA, JAWS oder VoiceOver von Apple unbedingt berücksichtigt werden sollten. Wichtig ist, dass die gesamte Website möglichst reibungslos und ohne Sackgassen komfortabel mit der Tastatur steuer- und navigierbar sein sollte.
Was ist der BITV-Test?
Wer ein umfassendes Bild seiner Accessibility haben möchte, kann Externe mit einem Accessibility Audit beauftragen und die digitale Barrierefreiheit ganz individuell testen lassen, beispielsweise mit dem Testverfahren zur BITV, die nach der Norm EN 301 549 vorgeht. Mit dem BITV-Test wird das Webangebot in 60 Prüfschritten in allen Bereichen gründlich durchgecheckt. Der BITV-Test wird durch BITV-Prüfstellen durchgeführt und bietet einen umfassenden Blick auf den Status und die noch zu realisierenden Punkte der digitalen Barrierefreiheit.
Ansicht im Browser-Lesemodus prüfen
Eine erste schnelle und dennoch aufschlussreiche Überprüfung kann mit dem Lesemodus erfolgen. Der Lesemodus ist eine Browserfunktion, welche die aktuell geöffnete Website als Textdokument darstellt. Generiert der Lesemodus ein gut strukturiertes Dokument mit einer logischen Inhaltsabfolge, in dem alle wesentlichen Informationen enthalten sind, ist dies bereits ein guter Indikator für hohe Barrierefreiheit.

Barrierefreiheit im Web mit Google Lighthouse checken
Eine weitere Testmöglichkeit bietet das Google-eigene Tool Lighthouse; es handelt sich dabei um eine Browsererweiterung in den Chrome Developer Tools, die eine Bewertung der Accessibility ermöglicht. Lighthouse bewertet auch die Accessibility der zu testenden Seite mit einer Punktzahl zwischen 0 und 100 und liefert zudem Hinweise auf Verbesserungsmöglichkeiten, um die Barrierefreiheit immer weiter zu verbessern. Eine Punktzahl unter 80 zeigt an, dass die Accessibility der Website dringend optimiert werden sollte.

Feedback erbitten und gemeinsam noch besser werden
Die Richtlinien des BFSG schreiben bereits Kontaktmöglichkeiten zur Kommunikation von Problemen mit der Barrierefreiheit vor. Websitebetreibende sollten diese Gelegenheit gleichzeitig nutzen, um von Nutzenden ganz bewusst Feedback zu Barrieren zu erbitten. Von Betroffenen erfahren Websitebetreibende am besten, was hinsichtlich der Barrierefreiheit bereits gut läuft und wo noch Nachbesserungsbedarf besteht. Websitebetreibende sind hier in der Verantwortung, Sensibilität zu demonstrieren, die Wünsche aufzunehmen und sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein, ihren eigenen Teil zu einer barrierefreien Umgebung beizutragen.
Fazit: Digitale Barrierefreiheit ist ein Gewinn für ALLE
Mit dem BFSG wird ein weiterer Schritt in Richtung Barrierefreiheit und Inklusion für alle getan, denn digitale Barrierefreiheit verbessert auch für Menschen ohne Behinderung die Usability. Dies hat nicht nur positive Auswirkungen auf die Nutzerzufriedenheit, sondern auch auf SEO. Nicht zuletzt erschließt Ihnen eine barrierefreie Website neue Nutzerkreise und begeistert alle Nutzenden mit einer noch besseren User Experience.
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